Lage: Valle Imperina – Gemeinde Rivamonte Agordino (BL).
Zugang: das Bergwerk liegt etwa 3 km von Agordo entfernt direkt an der Fahrstraße SS 203 Agordina; das Auto kann man auf dem Parkplatz (Lok. Le Campe) abstellen; dann spaziert man über eine Brücke (Cordevole Bach) zum Bergbauzentrum.
Landschaft – Beschreibung: Das Bergbauzentrum liegt im Gemeindegebiet von Rivamonte Agordino und am Nordrand des Nationalparks. Es reicht etwa 1 km ins Valle Imperina (543 m Seehöhe) hinein, das genau hier als Quertal in das Val Cordevole mündet. Seine steilen waldigen Hänge ziehen sich in Richtung SW/NO dem Imperina Bach entlang. Die Wälder im Valle Imperina sind relativ jung; auf historischen Abbildungen sind in dieser Zone niemals Bäume zu sehen. Dies ist nicht so sehr auf den Bedarf an Brennholz (Holzkohle) für das Rösten und Schmelzen des Erzes zurückzuführen, sondern hauptsächlich auf die extreme Umweltverschmutzung, zu der es bei der Metallbearbeitung (vor allem entstand bei der “Vitriolizzazione” Schwefeldioxid und auch Schwefelsäure) kam.
Bauzeit: Erste schriftliche Hinweise auf das Bergwerk gehen auf das frühe 15. Jahrhundert zurück. Bergbau: vermutlich bereits zur Römerzeit; die Gebäude stammen aus der vorindustriellen Epoche und dem Industriezeitalter.
Architektonische Merkmale: Bergbauarchitektur der vorindustriellen Zeit und des Industriezeitalters. Ein historisch sehr wertvolles Erbe.
Siedlungsform (Beschreibung der Gebäude)
Die Gebäude stehen an der alten Gemeindestrasse, die am rechten Bachufer des Cordevole entlang führte. Der größte Gebäudekomplex befindet sich am Talausgang des Valle Imperina, dort wo es breiter und das Gelände etwas sanfter ist (früher standen überall dort im Tal Bauten, wo es das Gelände möglich machte). Wenn man durch das Valle Imperina hinauf spaziert, sind noch weitere Strukturen zu sehen.
Ursprüngliche Nutzung – Erhaltungszustand / heutige Nutzung
Vom frühen 15. Jahrhundert bis zum Jahr 1962 baute man hier Silber und Kupfer ab. In den Jahren danach wurde das Bergwerk nicht mehr genutzt und verfiel mehr und mehr. Heute noch erhalten sind 16 Gebäude (die Lagerräume, die Schmelzöfen, das Kraftwerk, der Stall, der Kohlenkeller, das Pulvermagazin, die Villa des Direktors, das “Krankenhaus”, die Schmiede, die Anlage zum Reinigen und Mahlen und Verarbeiten des Erzes und eine Reihe von Wohnungen und Bürobauten) 3 unterirdische Eingänge und 2 Wasserablaufstollen. Seit Jahren werden hier im Rahmen umfangreicher Sanierungsarbeiten die wichtigsten Bauten renoviert und Wege gesäubert, um das Bergbauzentrum als Museumsanlage touristisch nutzbar zu machen. Bereits saniert sind der riesige Bau mit den Schmelzöfen (der aus dem XVI. Jahrhundert stammt), das ehemalige Hauptlager (Baujahr 1730 ca., seit 1910 befanden sich hier Schlafräume und ein Saal für Versammlungen und Messen; heute Jugendherberge) und das ehemalige Wasserkraftwerk ganz im Süden der Siedlung; dort befindet sich heute ein Besucherzentrum des Nationalparks. Ebenfalls saniert wurde der Weg, der vom Bergwerk durch das Valle Imperina bis zum Sattel Forcella Franche führt und der früher tagtäglich von den hier heimischen Bergwerksarbeitern genutzt wurde.
Anmerkungen
Der Bergbau (Abbau und Verarbeitung des Erzes zur Gewinnung von Silber und Kupfer) wurde hier vermutlich bereits zur Römerzeit betrieben. In der vorindustriellen Zeit und im Industriezeitalter erlebte das Bergwerk im Valle Imperina einen großen Aufschwung, und es wurde zu einem der wichtigsten in der gesamten Region. Vom frühen 15. Jahrhundert bis 1962 stand es ohne Unterbrechung in Betrieb. Unter der Republik Venedig befand sich im Valle Imperina die wichtigste Kupferabbaustätte des Landes, und sie deckte bis Ende des XVIII. Jahrhunderts bis zu 50 % des gesamten Bedarfs Venedigs. Zu dieser Zeit arbeiteten etwa 1300 Personen im und für das Bergwerk. Ursprünglich gehörte die Lagerstätte mehreren Familien, und sie alle bauten das Erz auf eigene Rechnung ab. Als es zu Streitigkeiten unter diesen Familien kam, kaufte die Republik Venedig ab Mitte des 17. Jahrhunderts nach und nach alle Anteile und Privatbauten auf. Somit bestimmten die politischen Verhältnisse das Geschehen: zuerst gehörte das Bergwerk zum Napoleonischen Reich, dann zu Österreich, anschließend zum Königreich Italien, und im Jahr 1899 wurde es schließlich wieder privatisiert. Der letzte Besitzerwechsel war 1989, als die Gesellschaft Montecatini die gesamte Anlage an die Gemeinde Rivamonte Agordino verkaufte. Die Eingänge in die Stollen und in den Hauptschaft (aus dem 18. Jhdt.) wurden nach der Schließung im Jahr 1962 aus Sicherheitsgründen mit Zement zugeschüttet. Die Spuren der Bergwerksaktivität sind auch heute in der gesamten Umgebung zu sehen. Man findet beeindruckende Bauten aus der vorindustriellen Zeit und aus dem Industriezeitalter und auch die Reste der 1922-25 gebauten Eisenbahnlinie Bribano-Agordo, die im Jahr 1956 stillgelegt wurde. Die kleinen Bahnwärterhäuser und Bahnhöfe (heute meist in Wohnhäuser umfunktioniert) sind im ganzen Val Cordevole zu finden.
Literaturverzeichnis
Salton W. – Pollazzon A. – Slompo G. (a cura di) – Il centro minerario di Valle Imperina e il suo recupero, Giunta Regionale del Veneto, 1995.
Spagna F. – Minatori in Val Imperina. Storia e antropologia di una comunità di montagna, Museo Etnografico della Provincia di Belluna – Quaderno n.15, Tip. Piave, Belluno 1998.
Vergani R. – Valle Imperina – Otto secoli di attività mineraria e metallurgica, in “Rivista Bellunese” n°, 1975.
Geschichtliche Hinweise
Die Erzlagerstätten im Valle Imperina wurden bereits in der Antike entdeckt, ein genauer Zeitpunkt ist jedoch bis heute nicht bekannt. Giorgio Piloni (1607) berichtete über das Erzreichtum in Agordo im XII. Jahrhundert, als die vielen Eisen-, Kupfer-, Blei-, Zink und Silberlagerstätten in den Regionen Agordino, Zoldano und Cadore entdeckt wurden.
Der erste schriftliche Hinweis auf die Bergwerkstätigkeiten im Valle Imperina stammt aus dem Jahr 1417, als man eine gewisse Menge Kupfer zur Weiterverarbeitung nach Padua transportierte. Der Kupferpyrit (aus dem man Kupfer gewann) wurde an einem enormen Felsblock abgebaut, und gleichzeitig hatte man mit der Gewinnung von Bleiglanz begonnen. Zur Zeit der Republik Venedig war Kupfer ein besonders begehrtes Metall, denn man verwendete es für Münzen und auch zum Bau von Kanonen.
Früher musste das Kupfer im Trockenabbau gewonnen werden: anschließend hat man den Kupferpyrit manuell aussortiert: das erzreichere Material gelangte zur ersten Schmelzung direkt in die Öfen, und das restliche hat man mit Holz vermengt, unter offenen Überdachungen (Roste) in großen Haufen gesammelt und dann 4 bis 10 Monate lang geröstet, das heißt langsam erhitzt. Der dabei entstandene Mineralkern (Tazzone) musste nun von der oxydierten Kruste (Terra Vergine) getrennt werden. Aus dieser Kruste hat man Vitriol (Eisensulfat) für die Färbereien gewonnen, aus den Kernen und dem erzreicheren Material (nach weiteren Schmelz- und Röstprozessen) hingegen Kupfer. Eine Innovation zur Anreicherung des Minerals gab es im Jahr 1690, als ein Feuchtprozess (Zementierung) eingeführt wurde, und durch den war es nun möglich, auch aus der Kruste (Terra Vergine) Kupfer zu gewinnen, indem man ihr Eisenreste (Ferrazza) zusetzte.
Fundamental war natürlich die Verfügbarkeit von enormen Holzmengen, denn man musste die Stollen sichern und auskleiden und brauchte sehr viel Brennholz zum Rösten und für die Schmelzöfen. Durch eine Reihe von Verordnungen garantierte die Republik Venedig dem Bergwerk das Recht, sich in den umliegenden Wäldern unbeschränkt mit Holz und Kohle zu versorgen: ab 1548 hatte es das alleinige Nutzungsrecht für alle Wälder in einem Umkreis von 10 Meilen, und diverse andere Öfen und kleinere Bergwerke in der Umgebung mussten schließen, denn sie hätten zu viel von dieser wertvollen Ressource für sich verbraucht.
Venedig hatte bereits im Jahr 1488 präzise Bergbaugesetze eingeführt, und diese waren bis zum Fall der Republik gültig. Der Unterboden war grundsätzlich Staatseigentum. Private Unternehmer mussten daher Konzessionen einholen, wenn sie Bergbau betreiben wollten, und sie mussten außerdem ein Zehntel der Ausbeute an den Staat abführen.
Im Valle Imperina wurde der Bergbau bis Mitte des XVII. Jahrhunderts nur von Privatunternehmern betrieben, und darunter auch von der Familie Crotta, die im 17. Jahrhundert eine Innovation einführte: man begann, mit Schießpulver zu sprengen. Auf dem Hauptplatz in Agordo steht die Villa, die Familie Crotta dank der Einkünfte aus dem Bergbau und der Metallverarbeitung kaufen und großzügig ausbauen konnte.
Im Jahr 1654 kaufte die Venetische Republik ein Bergwerk und legte damit den Grundstein für einen in den folgenden Jahren stark expandierenden Staatsbetrieb. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts hat man in den privaten Bergwerken häufig „Raubbau” betrieben, das heißt man grub riesige Höhlen, die meist nur unzureichend gesichert waren. Die Konsequenz war, dass diese Gruben einstürzten; einige Unternehmer beschlossen deshalb, den Bergbau definitiv aufzugeben bzw. ihre Aktivität an den Staatsbetrieb zu veräußern.
Im Jahr 1813 übernahm Österreich das Bergwerk, und zwischen 1835 und 1845 kaufte man alle restlichen privaten Bergwerke in der Zone auf.
Bis ins frühe 19. Jahrhundert war Valle Imperina eines der wichtigsten Bergwerke in ganz Europa. Als dann die Techniken zur Anreicherung der Mineralien immer besser und außerdem große Lagerstätten in Südamerika entdeckt wurden, verfielen die Kupferpreise weltweit.
Im späten 19. Jahrhundert erlebte die Zeche eine schwere Krise und das Königreich Italien erbte 1866 einen stark verschuldeten staatlichen Betrieb. Im Jahr 1899 hat man ihn an die Firma Magni aus Vicenza verkauft. Sie nutzte den abgebauten Pyrit zur Herstellung von Schwefelsäure, und die Metallverarbeitung vor Ort wurde somit aufgegeben.
Nach diversen weiteren Passagen kaufte die Gesellschaft Montecatini im Jahr 1910 die Bergwerke Valle Imperina und betrieb sie bis 1962. Geschlossen wurden sie nicht, weil sie ausgeschöpft waren, sondern weil sie zu wenig Profit abwarfen.
Die Gruben im Valle Imperina gibt es somit seit mindestens acht Jahrhunderten, und ungefähr dreihundert Jahre lang waren sie der wichtigste Wirtschaftszweig in der Region Agordino: im Jahr 1609 waren zirka 400 Männer im Bergbau, in den Röstereien und an den Schmelzöfen beschäftigt, und im Jahr 1801 stieg diese Zahl auf etwa 600. Dazu kamen dann natürlich noch die „Zulieferer”, das heißt einige hundert Personen, die als Waldarbeiter, Köhler, Holzhändler, Lebensmittelhändler, Fährmänner etc. vom Bergwerk lebten.
Erst ab Mitte 19. Jahrhundert musste wegen der steigenden Verschuldung die Personalzahl eingeschränkt werden.
(G. Poloniato)
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