Wiederansiedlung von Murmeltieren (Marmota marmota marmota) im Nationalpark der Belluneser Dolomiten

Die sehr bekannten und beliebten Murmeltiere sind essentiell für das Ökosystem auf Hochgebirgswiesen und -Weiden. Aus diesem Grund wurde auch die Initiative zur Wiederansiedlung in den alpinen Zonen sehr begrüßt. Diese Tiere verschwanden während dem Holozän, wobei ihr Aussterben sicherlich auch durch menschliches Wirken bedingt ist. Wie man bereits im nahen Naturpark der Friauler Dolomiten beobachten konnte, führte die Wiederansiedlung von Murmeltieren zu einer effektiven Verbesserung und Komplettierung des alpinen/subalpinen Ökosystems der Hochgebirgswiesen und in Folge dessen zu einer Verbesserung des Lebensraums für den Steinadler.
Das Nicht-Vorhandensein von Murmeltieren im Nationalpark der Belluneser Dolomiten ist heute wesentlich evidenter als früher, denn man konnte sie bereits erfolgreich in allen angrenzenden Dolomitenregionen und Friauler Voralpen einführen, das heißt in allen Subzonen der Dolomiten (Südtirol, Belluno, Friaul), nur bei uns im Nationalpark nicht.
Da die Murmeltiere in angrenzenden und ähnlich beschaffenen Naturgebieten wie dem Naturpark der Friauler Dolomiten bereits erfolgreich wiedereingeführt werden konnten, hat das Nationalparkamt dank der finanziellen Unterstützung der Stiftung Cassa di Risparmio di Verona, Vicenza, Belluno e Ancona und dank der technisch-wissenschaftlichen Kollaboration von Dr. Antonio Borgo ein Projekt zur Wiedereinführung der Murmeltiere im Nationalpark der Belluneser Dolomiten gestartet.
Das Projekt hat eine Dauer von drei Jahren und wird 2008 abgeschlossen.
Anfang 2006 wurde eine Durchführbarkeitsstudie erstellt, bei der man anhand spezifischer mathematischer Modelle untersuchte, welche Zonen des Nationalparks sich besonders gut als Lebensraum für Murmeltierkolonien eignen. Als nächsten Schritt bestimmte man, an welchen Stellen innerhalb dieser Zonen die Tiere freigesetzt werden sollten. Man geht davon aus, dass der Nationalpark eine Population mit zirka 1300 – 1500 Tieren „aufnehmen” kann.

Nach Abschluss der Voruntersuchungen und nachdem man beim INFS (Nationales Institut für Wildtiere) die entsprechenden Genehmigungen eingeholt hatte, wurde die geplante Zahl an Exemplaren gefangen.
In Folge einer Vereinbarung mit der Provinz Belluno hat die Provinzpolizei am 22. und 23. Mai 2006 im Gebiet zwischen dem Pordio Pass und dem Monte Cherz (bei Livinallongo) 20 Murmeltiere gefangen.
Weitere 21 hat die Forstpolizei und einige Mitarbeiter des Nationalparks von 24. bis 26. Mai 2006 (dank eines historischen Abkommens) auf dem Stilfserjoch gefangen.
Nachdem man die 41 Exemplare gewogen hatte, wurden ihnen Gewebeproben entnommen, um Genanalysen durchzuführen. Anschließend hat man sie mit farbigen “Ohrringen” markiert.
24 – 48 Stunden nach der Gefangennahme wurde die 20 Tiere vom Pordoi Pass im Gebiet Piani Eterni freigesetzt. Die 21 Murmeltiere vom Stilfserjoch hat man im Gebiet Vette Feltrine befreit.

Die Verantwortlichen des Projekts haben die Tiere natürlich auch „getauft”.  So können Sie auf unseren Bergen “Sacher” vom Stilfserjoch treffen, oder “Campanula” vom Monte Cherz. Vielleicht sehen Sie auch “Heidi”, “Toni”, “Susanna” oder “Brendol”. Bei den „Damen” durfte ein Name nicht fehlen: “Lujanta”. So heißt die Prinzessin des Königreichs Fanes, und die Legende erzählt, dass sie als Neugeborene ausgesetzt und von den Murmeltieren aufgezogen wurde. Das Volk von Fanes und die Murmeltiere verbindet somit ein antiker Bund.  
In den Tabellen 1, 2 und 3 sind die Farben der Markierungen, der Herkunftsort, der Name und das Gewicht der ausgesetzten Tiere angegeben.
Die freigelassenen Murmeltiere werden den ganzen Sommer über konstant überwacht um sicherzugehen, dass sie sich gut an die neue Umgebung gewöhnen und das Projekt zu einem Erfolg wird.  

Für das Jahr 2007 plant man, weitere 40 Murmeltiere freizulassen.
2008 sollen die Familien bzw. Gruppen gezählt werden, die während der vorhergehenden zwei Jahre angesiedelt wurden. Anschließend ist abzuwägen, ob eventuell weitere korrektive Maßnahmen notwendig sind.
Parallel zu Wiederansiedlung und Untersuchung der Tiere ist geplant, Initiativen zur Bekanntgabe des Projekts zu starten. Als Abschluss des dreijährigen Programms soll eine Broschüre erscheinen, die ein möglichst breites Publikum über die erreichten Ergebnisse informiert.
Möglich wurde das Projekt dank der optimalen Zusammenarbeit zwischen dem Nationalparkamt Belluneser Dolomiten und anderen Ämtern und öffentlichen Körperschaften, die sich mit dem Tierschutz beschäftigen: die Provinz Belluno, die Provinzpolizei, das nationale Forstkorps, und der Nationalpark Stilfser Joch.  Eine gemeinsame Arbeit öffentlicher Einrichtungen, um ein symbolisches Tier der Alpen in die Belluneser Dolomiten zurückzubringen.
In diesem Zusammenhang erklärte der Direktor des Nationalparkamtes Nino Martino nach dem Freilassen der ersten Exemplare: “Unsere Anstrengungen zum Schutz einer wunderschönen Region zeigt die ersten positiven Wirkungen: die Belluneser Dolomiten werden zu einer immer populäreren Wilderness Region und einem Paradies der Biodiversität mit einer noch intakten Natur.  Das Parkamt konnte Naturliebhabern seine Berge präsentieren und das Interesse auf einen sehr wichtigen Aspekt lenken: eine wilde, unberührte Natur ganz in der Nähe einer der schönsten Kunststädte der Welt, Venedig. In letzter Zeit begannen unsere Tage noch vor dem Morgengrauen. Bei kaltem und unfreundlichem Wetter machten wir uns gemeinsam mit unseren Kollegen von der Provinzpolizei und Forstkorps auf, um Murmeltiere zu fangen.  Für uns war es ein unvergessliches Erlebnis, sie wieder frei auf unseren Bergwiesen laufen zu sehen. Und wenn wir diesen Sommer in der Vette Feltrine Gruppe oder auf den Piani Eterni wandern, werden wir das Pfeifen dieser sympathischen Alpentiere hören. Sie sind ein Symbol des Hochgebirges. Der Nationalpark hat es somit geschafft, diese einmalige Gelegenheit zu nutzen und die Natur zu bereichern. Als nächsten Schritt planen wir die Wiederansiedlung des Steinbocks. Unsere große Hoffnung ist, dass alle heimischen Einwohner und alle Touristen den immensen Reichtum unserer Berge erfassen und die herrliche Natur schätzen lernen. Wir haben unseren Bergen folgenden Satz gewidmet: “Die wilde Natur wartet darauf, Freundschaft mit dem Menschen zu schließen” (R. Payne). Heute haben wir eine erste freundschaftliche Geste gezeigt und diese lustigen und sympathischen Tierchen zurück in unsere Berge geholt”.
Auch Professor Guido De Zordo, der Präsident des Nationalparkamts, zeigt sich sehr zufrieden mit dem Start des Projekts. Alpinisten, Wanderer und vor allem Kinder werden sicher eine große Freude haben, wenn sie unsere Murmeltiere zu Gesicht bekommen. Sie sind nicht nur ein Symbol für die Alpenfauna sondern auch besonders sympathische Tiere, die man leicht beobachten und fotografieren kann.